30.11.05

Fotostrecke

Auch in China rächt sich der Wischmop.

Und auch in China gibt es Damentoilettendecken.

Und jetzt unkoordiniert und mehr oder weniger unkommentiert ein paar Fotos.

Essen - Hotpot

Am Anfang dachte ich schon, die mischen mir was unter die beiden Jungs.

Entenmünder zum Beispiel.

Oder was aus dem Zombiefischaquarium.

Aber es war sehr sehr gut. Es gab eine zweigeteilte Suppe. Links sehr scharf, rechts eher nicht so scharf.

In die werden die Speisen getaucht, bis sie gar sind. Eigentlich ist es ein Fondue, aber schmecken tut es völlig anders.

Ich hab auch noch Lammrippchen bekommen.

Alles in allem: es war so gut, dass ich das auch mal nachkochen muss. Nur womit? Alleine diese nussförmigen Dinger, die bestimmt einen relevanten Teil des Geschmacks ausmachen, die kann ich ja noch nichtmal kaufen, weil ich garnicht weiss, was das war.

Männer und Frösche

Auch in China sind Männer hypochondrisch. Hier stehen welche an einer Apotheke an.

Da gibt es eigenartige Dinge, alle offensichtlich männerfördernd. Unter anderem Frösche, aus denen Prinzen werden.

Giraffen, aus denen Mädchen werden, gibt es auch.

RushRushRush (mein Leben zur Zeit)



Blicke aus Hotelfenstern
Hier in Shanghai.

Und hier in Wuxi - am Tag und in der Nacht.

Übrigens, das Helle in der Nacht ist die Spiegelung des Fernsehers, irgendein Filmabspann.

Ansonsten besichtige ich primär Fertigungen, Gewerbegebiete und Bürogebäude. Da darf ich aber nicht fotografieren. Maximal die Toilette. Und die seht ihr ja ganz oben.

Gute Nacht.



Posted by L9 at 18:14 | Comments (9)

27.11.05

Fresh Fish und Ten for One Hundred

Was soll ich groß sagen. Jedesmal wenn ich in ein Geschäft gehe, in dem es Skizzenbücher, Stifte und Pinsel gibt, kann ich mich nicht zurückhalten. Auch in China nicht.

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Deshalb besitze ich jetzt nicht nur 8 neue Pinsel, die ich voraussichtlich nie verwenden werde, weil ich ohnehin meist mit Tusche und Feder zeichne, sondern auch sündhaft teure 40 Jahre alte Farbsteine sowie eine chinesische Tooncam.

Die Tooncam habe ich benutzt. Nicht mit der Chinafarbe sondern mit meiner guten alten Rotring ArtPen.

chinatooncamopen.jpg

china01.jpg

china02.jpg

Was soll ich groß sagen. Falls es euch zu anstrengend ist, den Toon zu entziffern, weil ihr natürlich meine aufwändige Nachbearbeitung gewohnt seid, die ich jedoch aus technischen und auch zeitlichen Gründen jetzt hier nicht schaffe, eine kurze Zusammenfassung:

Kollege F. und ich waren einkaufen in der Nanjing Road und am Bund.
Kollege F. hat bei einem Strassenhändler 10 Füller von Montblanc um sehr teures Geld erstanden.
Daraufhin wollten ihn sämtliche Strassenhändler der Nanjing Road ebenfalls mit Füllern beglücken.
Wir mussten flüchten und sind in einem schmierigen Restaurant in einer äußerst dunklen Strasse gelandet.
Dort hatte ich Angst vor dem Zombiefisch und der Fischfrau ist eine Garnele entwischt.
Vor dem Restaurant haben die Strassenhändler auf uns gewartet.

Der Zombiefisch war tot, dem sind sogar die Augen rausgefallen.

zombiefish-live.jpg

Und ich trink jetzt noch einen Schnaps auf den Schock und geh ins Bett.

Posted by L9 at 15:38 | Comments (12)

25.11.05

Auf nach Shanghai

So - alles erledigt.

tooncam.jpg

Die Tooncam ist betriebsbereit.

Der Trostadventskalender mit den alten Bildchen (man möge mir verzeihen) scharf gemacht.

Auch mein Paket für den Adventscountdown ist angekommen, ich kann es ganz eindeutig erkennen. Ich habe zwar noch nichts bekommen, dafür darf ich dann am 9. Dezember 9 Päckchen auf einmal öffnen.

Jetzt muss ich mich sputen, dass ich mein Flugzeug nicht versäume.

Ganz besonders freue ich mich aufs chinesische Essen.

Ein wenig Angst habe ich, dass sie mir Zombiefisch servieren.

zombiefish.gif

Das ist ein Fisch, dessen Kopf in eisgekühlte Tücher gewickelt wird, bevor der Koch ihn zubereitet. Das heißt hinten ist der Fisch gebraten, vorne atmet er noch. So hat es mir zumindest ein Kollege berichtet. Fürchterlich.

Posted by L9 at 11:47 | Comments (13)

22.11.05

Kramen in alten Tagebüchern

Frau Gaga hat in ihren alten Tagebüchern gekramt und auch Herr Kid.

Da wollte ich mich ebenfalls nicht lumpen lassen und habe meine Kiste aufgemacht.

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Und sofort wieder zugemacht.

Wenn ich auch dieses hypersensible und etwas zerrissene Wesen, das ich mal war, mittlerweile in mein Herz geschlossen habe, die literarischen Ergüsse dieser überspannten Person kann ich immer noch nicht ertragen. Da muss ich glaube ich noch 10 Jahre warten, in der Hoffnung, dass das Alter milde stimmt.


Mal wieder für Ruth

Posted by L9 at 21:40 | Comments (14)

Voll verentet

Wenn es stimmt, dass der Körper die Formen der Speisen annimmt, die er zu sich nimmt, dann sahen wir neulich so aus. Auf jeden Fall haben wir uns so gefühlt.

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Und nie wieder ess ich Ente unter der Woche am Abend.

Posted by L9 at 12:54 | Comments (12)

20.11.05

Jazz'n'Roll

Warum ich sofort zu wippen beginne, wenn irgendwo jazzige Töne erklingen, liegt bestimmt an meiner pränatalen Phase. Als mein Vater noch sehr jung war, spielte er in einer Jazzband. Saxophon und Klarinette. Und ich bin überzeugt, dass er den Bauch meiner Mutter bespielt hat, als diese mit mir schwanger war.
Und ganz bestimmt habe ich schon damals mitgewippt.

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Ich bin aufgewachsen mit den Melodien von Charlie Parker, Thelonious Monk, Dizzy Gillespie. Später Mangelsdorff und Chick Corea. Ich liebte Jazz. Etwas weniger liebte ich die Jazz Szene, deren teilweise zickige Kopflastigkeit und bildungsbürgerliche Arroganz. Für mich war es daher ein natürlicher Schritt, mich mit 16 in das Getümmel des Rock'n'Rolls zu stürzen. Punk und Jazz passten nicht zusammen - ab 1981 ging ich in Jazz Konzerte nur mehr heimlich (Art Ensemble of Chicago z.B.).

Letzte Woche war ich aber mal wieder in Linz.
In Linz besuchte ich auch meinen Vater.
Und er nahm mich mit zu - hah - ich sage jetzt mal "Bobby Militello".

Bobby Militello war in meinen Augen die tragende Komponente dieses Abends mit Dave Brubeck und seinen Freunden. Selbstverständlich hat es mich berührt, den 85-jährigen Brubeck, die Legende des Jazz, live auf der Bühne zu sehen. Ich genoss es zu sehen, wie die alten Herren es genossen, zusammen zu spielen. Und ich genoss diese herrlich abgegrätschte Version von "Take Five" - ein Stück, das nicht von Dave Brubeck stammt sondern von Paul Desmond, wie mein Vater nicht müde wurde zu betonen.

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Aber Bobby Militello hat die Power reingebracht - die etwas schrägen Bebop (oder?) Elemente, er hat das Konzert getragen - er war einfach nur gut. Und am Schluss gab es dann noch dieses Schlagzeugsolo von Randy Jones. Da habe ich dann insgeheim gehofft, es würde etwas Legendäres passieren. Da gab es eine ganz kurze Phase, da wäre es möglich gewesen die Sache voll in den Rock'n'Roll zu bewegen, als kurzen Ausflug, als eine Art Versöhnung der ganz alten Garde mit ihren dreckigen Söhnen und Töchtern.

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Es ist aber glaube ich den Jüngeren vorbehalten, die Älteren zu zitieren. Umgekehrt funktioniert es eher nicht.

Posted by L9 at 22:53 | Comments (11)

16.11.05

Bürowitz

Eigentlich werden hier keine Bürowitze veröffentlicht. Aber der lange Fall des George Bush ist einfach zu schön, um verschwiegen zu werden.

Danke

Posted by L9 at 14:57 | Comments (5)

15.11.05

Gelogen

Gestern hatte ich den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen. Weil ich gelogen habe. Nicht mit dem blinden Meerschweinchen, auch nicht mit den Schnecken und Kai-Jost, das ist alles wahr. Aber ich habe mein Image verfälscht. Ich habe mich als hübsche, blonde, großherzige Heldin dargestellt, die sich edelmütig um die Außenseiter kümmert, obwohl sie eigentlich an den angesagtesten Volksschulparties hätte teilnehmen können. Mit der die coolsten Jungs der Klasse befreundet sein wollten und die hippesten Mädchen ohnehin.

Stimmt alles nicht.

Ich war zu Zeiten, als ein sonnengegerbter Christian Anders als etwas blass gegolten hätte, bleich wie ein in Milch aufgeweichtes Toastbrot.
Ich hatte dünne, hellblonde Spagetthihaare und war so schüchtern, dass ich noch nicht mal Kakao sagen konnte.

Und zur Krönung des ganzen Übels hatte ich eine äußerst modebewußte Mutter. So bekam ich meinen ersten Maximantel, als er gerade in Paris und London modern wurde. In Linz an der Donau trugen alle noch die kurzen 60er Jahre Mäntelchen. Alle, bis auf mich. Völlig klar, dass ich mit Kai-Jost, Sabrina und blinden Meerschweinchen spielen mußte.

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Bitte verzeiht mir.

Posted by L9 at 08:21 | Comments (8)

13.11.05

Das blinde Meerschweinchen

Schon als Kind hatte ich einen ziemlichen Hang zu Außenseitern. Ob es nun die rothaarige Sabrina aus der 2B war, die mit der Pflasterbrille und der Zahnspange, oder Kai-Jost Köhler, der einzige Piefke an unserer Schule, Eltern Manager, er dick - es dauerte nicht lange und sie waren meine Freunde.

Dieser Außenseiterhang beschränkte sich jedoch nicht nur auf Menschen. Auch in der Tierwelt fühlte ich mich mehr zu Schnecken, Schlangen und Regenürmern hingezogen als zu diesen schnuckligen aber oberflächlichen Kätzchen und Hündchen.

Einmal wollte ich eine Schneckenzucht aufmachen. Ich nahm also zwanzig Schnecken mit nach Hause und steckte sie in Einweckgläser. Die Einweckgläser verschloss ich mit Küchenkrepp anstatt mit Plastikfolie. Sie sollten ja Luft bekommen die Tiere. Leider hielt das Küchenkrepp dem Schneckenschleim nicht stand, die Schnecken flüchteten und tauchten in den folgenden Wochen an den unmöglichsten Ecken in unserer Wohnung wieder auf.

Meine Mutter sprach daher ein Machtwort. Sie akzeptierte meine Tierliebe und war sogar bereit, mir eines zu schenken. Die einzige Voraussetzung: es handelt sich um ein normales Haustier, um einen Hamster oder eine Maus.
Ich entschied mich für ein blindes Meerschweinchen.

Und ich verstand es überhaupt nicht, dass keiner meine Liebe zu diesem süßen Wesen teilte. Nicht einmal meine Tante. Die schlug sogar mein großzügiges Angebot aus, das Meerschwein mit ins Bett zu nehmen, als sie mal ohne meinen Onkel bei uns zu Besuch war. Dabei meinte es ich es doch nur gut. Ich dachte, sie sei halt einsam in der Nacht.

Posted by L9 at 16:52 | Comments (16)

12.11.05

Schuhträume

Treue Leser meines Weblogs kennen mein gespanntes Verhältnis zu Schuhen. Dass ich mein jeweils einziges Paar solange trage, bis es mir von den Füßen fällt, liegt jedoch weniger an mir, als am Angebot an schönen Modellen in dieser Stadt, in der ich nunmal wohne.

Gestern ist mal wieder dieser äußerst seltene Fall eingetreten, dass mir ein hübsches Paar ins Auge stach. Es handelte sich um diese wunderbaren roten Schuhe, die da so schlicht und schön neben den Spitzenungetümen aus dem letzten Jahrtausend ruhen. Vorne rund, schmucklos elegant und in einem Rot, welches mir direkt ins Herz ging.

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Ich habe mich sofort darauf gestürzt, entschlossen zuzugreifen, voller Hoffnung, dass es sich um meine Größe handelt. Es handelte sich um meine Größe, nur leider warens Schuhspanner.

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So, ich versuche heute trotzdem nochmals mein Glück und nehm sogar den mit.

Posted by L9 at 10:40 | Comments (12)

10.11.05

Unruhen

Nicht nur die Franzosen demonstrieren.

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(Foto DPA)

Auch auf die Osterinsel haben sich die Unruhen ausgeweitet.

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(Fotos Josef W. Schmid)


Mehr und sogar eine Art Weblog (auf News klicken) gibts auf der äußerst interessanten, absolut liebenswerten und internettechnisch wunderbar verstaubten Homepage der Osterinselfreunde.

Posted by L9 at 10:38 | Comments (6)

07.11.05

Holzheizer

Vor einiger Zeit hat Indica von ihrer Jahreskohlenlieferung erzählt, als historisches Dokument besungen von Frau Kaltmamsell.

Das hat Erinnerungen in mir geweckt.

Endlich der elterlichen Behütung entflohen trieb ich mich ein paar Jahre meines Lebens in abenteuerlichen Wohngemeinschaften herum.
Natürlich hatten wir alle kein Geld und die Wohnungen, die wir bewohnten, waren äußerst karg ausgestattet. Das Vorhandensein einer Heizung war Luxus. Meist wurde durch Beklopfen der Wände ein Kamin gesucht und ein Kanonenofen, den irgendjemand von irgendeinem Flohmarkt oder vom Sperrmüll mitgebracht hat, angeschlossen. Kanonenöfen sind übrigens ziemlich schwer.

Ein Ofen alleine macht jedoch noch lange nicht warm. Heizmaterial war nicht nur teuer sondern vor allem umständlich zu beziehen. Das etappenweise Kaufen von 20 Liter Kohlesäcken "Wer holt die nächste Kohle" inklusive Anfahrtweg mit Strassenbahn und Schleppen in den 5. Stock führte dazu, dass wir manchem Winter in der WG-Küche am offenen Gasherd verbrachten.

Alles in allem war dies letztendlich teuer als die Kohleliefergebühren, daher beschlossen wir eines Jahres auf das unverschämt günstige Angebot eines Waldviertelbauerns zurückzugreifen. Holz für einen ganzen Winter inklusive Lieferung frei Haus für sagen wir 1500,- Schilling.

Frei Haus hieß leider "vor die Haustür". Der Holzmann kippte uns seine Lieferung mitten in Wien im 6. Bezirk in der Garbergasse vor die Füße. Abgesehen davon, dass wir einen mittleren Stau verursachten, war uns ursprünglich garnicht klar, wieviel "Holz für einen Winter" ist. Wir hatten garkeinen Platz für soviel Holz.

Aber wir waren kreativ, schließlich war einer unserer Mitbewohner an der Angewandten (= Hochschule für angewandte Kunst). Wir haben das Holz im Wohnzimmer an die Wand gestapelt und deklarierten das ganze als neuesten Wohnstil. Sogar der Wohngemeinschaftshund war fasziniert.

Leider haben wir nicht bedacht, dass Holz arbeitet. Es dauerte daher nicht lange, und der ganze Stapel fiel wieder um

Wir waren zu faul, alles wieder aufzustellen, deshalb deklarierten wir den Stapel als nächsten Schritt in Richtung Avantgarde und verbrachten den Winter dann doch wieder in der WG-Küche.

Und wenn mich nicht alles täuscht hat der kunstbewegte Mitbewohner den Stapel als Klassenarbeit zum Thema "Rauminstallation" abgegeben.

Posted by L9 at 20:19 | Comments (12)

05.11.05

Ein Packerl vom Comiczeichnerhelden

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So kann der Tag beginnen.

"The Book just came from print. For Lisa naturally and some odd films for Mike."
(Hehe, jetzt wissen wir, wer den guten Geschmack in der Familie hat.)

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Dummerweise ist mein Babelfish verschwunden.

So - wir gehn jetzt mal merkwürdige Filme schaun. Samstag ist Videotag.

Posted by L9 at 14:47 | Comments (3)

04.11.05

Originalzitat aus der gestrigen Besprechung

"Um jetzt keine Verwirrung zu stiften: Gelb ist Gelb und Grün ist Blau."

Posted by L9 at 09:19 | Comments (6)

03.11.05

Stimmung: Schnupfig

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Posted by L9 at 08:27 | Comments (8)

01.11.05

Der Pianist

In Linz gab es einmal einen Pianisten. Er war nicht besonders gut, daher spielte er auch in keinem berühmten Orchester. Es galt jedoch eine Zeitlang als äußerst schick, diesen Pianisten für private Gesellschaften zu buchen. Konzerte in kleinem Kreis, dazwischen Vorspeisen, Hauptgänge, Desserts und gesellschaftlicher Klatsch.

Selbstverständlich haben die Damen der Gesellschaft ihre Kinder zu ihm in den Unterricht geschickt. So auch meine Mutter.

Meine erste Klavierstunde war bereits äußerst effizient. Da wurde nicht gefackelt mit langen Begrüßungen. Ich konnte mir noch nicht mal meinen Mantel ausziehen, so schnell hat er mich ans Klavier gejagt.

Der Unterricht bei diesem Pianisten war sehr anspruchsvoll. Weil eigentlich war er Künstler und kein Lehrer, daher litt er richtiggehend unter den falschen Tönen seiner Schüler.

Jeden Dienstag um 14:00 war Klavierstunde. Und jeden Dienstag überlegte ich mir, mit wem ich mein Schicksal tauschen würde, zumindest für ein paar Tage, um dem Schicksal der Klavierstunde zu entgehen.

Keiner wollte mit mir tauschen.

Aber dafür habe ich viel gelernt. Neben der Resistenz gegen Hitze zum Beispiel maximale Reaktionsfähigkeit.

Und stoisches Ertragen ekelhafter Situationen. Mein Rekord? Eine Stunde fremden Mittagsrest am Finger ohne mit der Wimper zu zucken.

Ein einziges Mal war der Unterricht so richtig interessant. Da hat er seinen Partner dagehabt, einen tätowierten Zigeuner mit Ohrring, der singende Säge spielen konnte.

Den Gesellschaftsdamen hat das weniger gefallen. Ich glaube, das war der ausschlaggebende Grund, warum meine Mutter mich dann wieder rausgenommen hat aus diesem Unterricht.

Eines muß ich jedoch feststellen. Ich habe mein ganzes Leben nie mehr soviel gelernt am Klavier wie in diesen beiden Jahren beim Pianisten.

Posted by L9 at 04:00 | Comments (32)